Jedes Jahr infizieren sich mehr als eine halbe Million Patienten in Krankenhäusern mit Keimen, mehr als Zehntausend Patienten sterben an den Folgen einer solchen Infektion. Detlef Fastré, Hygienebeauftragter Arzt in der Klinik LINKS VOM RHEIN und Facharzt für Anästhesiologie über die Gefahren, die von Krankenhauskeimen ausgehen, und was man dagegen tun kann.
Herr Fastré, Wie entstehen sogenannte Krankenhauskeime und warum sind sie so gefährlich?
Jeder Mensch trägt Millionen von Keimen mit sich: auf der Haut, auf Schleimhäuten, im Darm. Dazu gehören auch die sogenannten multiresistenten Keime, also solche, die nur noch sehr eingeschränkt mit Antibiotika bekämpft werden können, weil sie resistent geworden sind. Sie werden auch als MRSA- Keime bezeichnet. Dringen diese Keime in den Körper ein, zum Beispiel durch eine Wunde oder einen Katheter, kann es zu Infektionen kommen, die schwer zu behandeln und gefährlich sind.
Kliniken bergen die höchsten Risiken, sich mit multiresistenten Erregern zu infizieren. Die Gründe sind nachvollziehbar: Invasive Untersuchungen erleichtern den Bakterien das Eindringen in den Körper. Und in Krankenhäusern – insbesondere in Akutkrankenhäusern und auf den Intensivstationen – sind viele Patienten zu finden, deren Immunsystem ohnehin geschwächt ist. Diese Patienten können den multiresistenten Keimen besonders wenig Widerstandskraft entgegensetzen. Andere begünstigende Faktoren sind beispielsweise Diabetes, Infektionen wie Grippe, Brandverletzungen oder chronische Wunden.
Gesunde und widerstandsfähige Personen, so haben Untersuchungen gezeigt, werden nicht zwangsläufig krank, wenn sie mit multiresistenten Keimen in Kontakt kommen. Vielfach reichen lokale Behandlungen aus. In vielen Fällen – auch das ist nachgewiesen – verschwinden die Keime sogar von selbst. Naheliegend ist damit allerdings auch die Schlussfolgerung, dass viele von uns gar nicht wissen, ob sie selbst Träger von multiresistenten Keimen sind. Wer selbst nachweislich Träger von multiresistenten Keimen ist, hat eine besondere Verantwortung, damit er andere nicht in Gefahr bringt. Am häufigsten erfolgt eine Übertragung von Mensch zu Mensch, insbesondere über die Hände. Unwesentlich ist dabei, ob der Träger der Keime dabei „nur“ besiedelt ist oder ob er erkrankt ist und eine Infektion mit multiresistenten Keimen hat. Dasselbe gilt für Tiere.
Eine weitere Quelle der Keime sind verunreinigte Gegenstände wie Handläufe, Türklinken, Griffe oder Handtücher, aber auch über die Kleidung kann eine Übertragung stattfinden. Schützen kann und muss man sich und andere selbst. Hierzu gehören besondere Hygienemaßnahmen und insbesondere eine gründliche Händehygiene.
Wie findet man heraus, ob man die gefährlichen Keime in sich trägt?
Durch ein sogenanntes MRSA-Screening. Dieses Screening besteht aus Probeentnahmen, also Abstrichen, von der Nasen- und Mundschleimhaut. Besteht tatsächlich eine Besiedelung mit MRSA- Keimen, werden Operationen wenn möglich – entscheidend ist dabei die Dringlichkeit des Eingriffs – so lange verschoben, bis die MRSA-Keime erfolgreich beseitigt wurden.
Wer selbst nachweislich Träger von multiresistenten Keimen ist, hat eine besondere Verantwortung, damit er andere nicht in Gefahr bringt. Am häufigsten erfolgt eine Übertragung von Mensch zu Mensch, insbesondere über die Hände. Unwesentlich ist dabei, ob der Träger der Keime dabei „nur“ besiedelt ist oder ob er erkrankt ist und eine Infektion mit multiresistenten Keimen hat. Dasselbe gilt für Tiere. Eine weitere Quelle der Keime sind verunreinigte Gegenstände wie Handläufe, Türklinken, Griffe oder Handtücher, aber auch über die Kleidung kann eine Übertragung stattfinden. Schützen kann und muss man sich und andere selbst. Hierzu gehören besondere Hygienemaßnahmen und insbesondere eine gründliche Händehygiene.
Wie lässt sich das Infektionsrisiko mit Krankenhauskeimen noch eindämmen?
Wie mit MRSA-Patienten umzugehen ist, wird im obligatorischen Hygieneplan festgeschrieben, der strengen Kontrollen unterliegt und regelmäßig überprüft und weiterentwickelt werden soll. Viele Kliniken, so auch die Klinik LINKS VOM RHEIN, gehen jedoch deutlich weiter. Sie betreiben eine aktive Patientenaufklärung und machen bei allen Patienten vor der Aufnahme eine Befragung, um bei möglichen Risikopatienten vor der Aufnahme ein MRSA-Screening durchzuführen.
Warum ist das Risiko sich mit Krankenhauskeimen anzustecken in einer Praxisklinik geringer als in einem Krankenhaus?
Praxiskliniken nehmen eine andere medizinische Versorgung wahr als öffentliche Krankenhäuser. Das gesamte medizinische Spektrum ist ein gänzlich anderes. Die Operationen, die in Praxiskliniken vorgenommen werden, werden überwiegend ambulant gemacht, ein Verbleiben der Patienten in der Praxisklinik findet damit nicht statt. Zudem handelt es sich in aller Regel um geplante Eingriffe, die eine gewisse Vorlaufzeit haben. Das ermöglicht es, dass ausnahmslos alle auch kurzstationär geplanten Patienten an der Risiko-Befragung teilnehmen und im Zweifelsfall ein MRSA-Screening absolvieren. Hinzu kommt ein weiterer Punkt: Die stationären Patienten in Praxiskliniken sind von ihrem allgemeinen Gesundheitszustand her sehr stabil. Das führt zum einen dazu, dass die Aufenthalte sehr kurz sind (meist 1-3 Tage), und zum anderen ist schon durch den guten Gesundheitszustand das Infektionsrisiko weitaus geringer.
Begünstigt die Größe eines Krankenhauses automatisch die Verbreitung von Krankenhauskeimen?
Große Einrichtungen haben notwendig ein höheres Risiko, dass sich multiresistente Keime ausbreiten. Allein das Aufkommen von Keimen ist in Krankenhäusern mit vielen medizinischen Abteilungen deutlich höher. Dazu trägt bei, dass in der medizinischen Notfallversorgung alle Patienten aufgenommen werden müssen. Auch eine Befragung aller Patienten findet nicht regelhaft statt. Hinzu kommen Abteilungen, die durch die Art der Erkrankungen eine erhöhte Keimbelastung haben, und die längere Verweildauer der Patienten trägt ebenfalls dazu bei, dass das Risiko höher ist als in kleinen Einrichtungen.
Apropos lange Verweildauer: In Deutschland werden im internationalen Vergleich noch immer sehr viel mehr Operationen stationär in Krankenhäusern durchgeführt, obwohl es längst möglich wäre, dieselbe medizinische Leistung ambulant oder kurzstationär in einer Praxisklinik zu erbringen. Für die Krankenhäuser sind stationäre Operationen mit langer Verweildauer jedoch finanziell sehr attraktiv. Werden deutsche Patienten durch die hohe Zahl stationärer Operationen einem unnötigen Risiko ausgesetzt?
Ja, eine konsequente Förderung des Praxisklinik-Modell würde das Infektionsrisiko für viele Patienten deutlich verringern.
Könnten Krankenhäuser noch mehr tun, um das Infektionsrisiko einzudämmen?
Ja, in Ländern wie den Niederlanden oder Skandinavien, die als vorbildlich in Sachen Hygiene gelten, werden Patienten, die nicht nachweislich MRSA-frei sind, so lange isoliert, bis der Nachweis erbracht ist. Dieses Verfahren ist aufwändig und teuer. Die Kosten für die aufwändige Behandlung von Infektionen mit multiresistenten Keimen sind allerdings noch höher.
Die wichtigsten Aussagen von Dr. Detlef Fastré zum Thema Krankenhauskeime haben wir in einem Video zusammengefasst:
https://www.youtube.com/watch?v=PxMWpsDoO_o&t=4s