Ein neues Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums für Finanzen stellt dem deutschen Krankenhauswesen ein vernichtendes Zeugnis aus und mahnt eine dringende Strukturreform an. Genau dafür kämpft auch die Initiative WasisteinePraxisklinik.de, die aufzeigt, warum Praxiskliniken die Lösung für einige der drängendsten Probleme im deutschen Gesundheitswesen sein können.

n einem aktuellen Gutachten (April 2018) des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesministeriums für Finanzen wird die gängige Über- und Fehlversorgung in deutschen Krankenhäusern schonungslos aufgedeckt. Demnach gibt es in Deutschland nicht nur zu viele, sondern vor allem auch schlecht ausgestattete Krankenhäuser, in denen eine optimale Versorgung der Patienten nicht immer möglich ist. Hinzu kommt, dass fehlgeplante Krankenhäuser, um finanziell zu überleben, immer häufiger ohne medizinische Indikationen operieren, wie steigende Fallzahlen und Umfragen unter Chefärzten belegen. Doch die dringend notwendige Strukturreform, die all diese Missstände beheben könnte, wird aus politischem Kalkül nicht angegangen. Die Kosten für dieses Stillhalten zahlen die Steuerzahler sowie die Patienten, denen eine bessere medizinische Versorgung verwehrt bleibt. Dabei gäbe es längst Lösungen, um aus dem deutschen Krankenhaus-Dilemma endlich herauszukommen.

Obwohl die Zahl der Krankenhäuser seit Jahren rückläufig ist, gibt es in Deutschland noch immer zu viele und vor allem zu kleine Krankenhäuser. Damit ein Krankenhaus kostendeckend arbeiten kann, sollte es laut Meinung von Experten über mindestens 230, besser sogar 300 Betten verfügen. Etwa 66 Prozent der 1.607 allgemeinen deutschen Krankenhäuser besitzen jedoch weniger als 300 Betten. 52,1 Prozent besitzen sogar weniger als 200. „Diese Krankenhäuser sind nicht kosteneffizient zu betreiben“, heißt es in dem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats klipp und klar.

Der so entstehende Kostendruck führt in vielen Fällen zu einer mangelhaften Ausstattung der Krankenhäuser. 19 Prozent der deutschen Plankrankenhäuser, so das Gutachten, verfügen über kein Intensivbett und 34 Prozent über keinen eigenen Computertomographen (CT). Die Ursache dafür, dass die Politik dieses offenkundige Strukturproblem nicht angeht, sieht der Wissenschaftliche Beirat darin, dass die politischen Kosten der Schließung eines Krankenhauses den politischen Nutzen übersteige. Mit anderen Worten: Ein Politiker, der ein Krankenhaus schließt, verliert Wählerstimmen, auch wenn die Entscheidung, das Krankenhaus zu schließen, richtig ist. Einen Lösungsansatz für das Strukturproblem sehen die Experten in ihrem Gutachten darin, dass die Krankenhäuser endlich einem verstärkten Wettbewerbsdruck ausgesetzt werden.

Genau dafür tritt seit 2017 auch die Initiative WasisteinePraxisklinik.de ein. Die Initiative wurde auf Betreiben einiger Praxiskliniken in Nordrhein-Westfalen gegründet mit dem Ziel Patienten, Hausärzte und Krankenkassen über die Vorteile und die Behandlungsmöglichkeiten in Praxiskliniken zu informieren. „Praxiskliniken sind DIE Lösung, um endlich Schluss zu machen mit der Dauerkrise in deutschen Krankenhäusern“, erklärt beispielsweise Dr. med. Thomas Buchmann, der mit dem OP-Zentrum Vest in Oer-Erkenschwick selbst eine solche Klinik aufgebaut hat. Seit Jahren engagiert sich Buchmann sowohl in der Ärztekammer als auch in der Initiative der Praxiskliniken in der Gesundheitspolitik.

Doch was macht Praxiskliniken so besonders? Praxiskliniken sind privat finanzierte OP-Zentren mit angeschlossenem stationärem Bereich, in denen niedergelassene Fachärzte ihre Patienten ambulant und kurzstationär operieren können. Durch den medizinisch-technischen Fortschritt, sind heutzutage immer mehr Operationen ambulant möglich. Doch genau diesen Trend hat man im deutschen Gesundheitswesen verschlafen. Während in Ländern wie England, Finnland, Schweden oder Dänemark zum Beispiel eine Leistenbruch-OP zu 60 Prozent ambulant erfolgt, sind es in Deutschland gerade mal 14 Prozent der Operationen. Durch ihre optimierten, schlanken Prozessstrukturen können Praxiskliniken ihren Patienten einen Service bieten, wie man ihn aus den meisten Krankenhäusern nicht kennt.  

In einer Praxisklinik kennen die Patienten den Arzt, der sie operieren wird. Es ist derselbe Arzt, der zuvor die Diagnose stellte und nach der Operation die Nachsorge übernehmen wird. Probleme mit gefährlichen Keimen gibt es in Praxiskliniken nicht. Und selbst das Pflegepersonal ist nicht überlastet, sondern hat Zeit für die Patienten. Im OP-Zentrum Vest können Patienten beispielsweise beim Essen zwischen zwei Menüs wählen, egal, ob sie nun privat oder gesetzlich versichert sind. Es gibt freies WLAN, und auf dem Fernseher im Patientenzimmer läuft Pay-TV. Diesen Komfort können Praxiskliniken aufgrund ihrer effizienten Organisation leisten, ohne dass sie dabei teurer wären als ein Krankenhaus.

Dass das, was für viele wie eine schöne Utopie klingt, nicht längst schon überall Realität ist, liegt allein am fehlenden Gestaltungswillen der Politik. In seinem Gutachten merkt der Wissenschaftliche Beirat daher auch kritisch an, dass Deutschland eines der wenigen Länder sei, das sich mit der stationären Versorgung und dem System niedergelassener Fachärzte zwei Strukturen mit überlappenden Aufgaben leistet, ohne dass die jeweiligen Zuständigkeiten klar geregelt wären. Dabei ist seit Jahren im Sozialgesetzbuch die Förderung der ambulanten und kurzstationären Versorgung von Patienten in Praxiskliniken festgeschrieben. Grundlage der Förderung soll eine Rahmenvereinbarung zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (SpiBu) und den Praxiskliniken sein, die allen Beteiligten eine verlässliche Finanzierungsgrundlage garantiert. Doch genau diese Rahmenvereinbarung gibt es bis heute nicht. Der SpiBu verschleppt sie und die Politik unternimmt seit Jahren nichts, um für die Einhaltung ihrer eigenen Gesetze zu sorgen. Die Leidtragenden dieser Situation sind die Patienten, denn durch die fehlende Rahmenvereinbarung ist die Behandlung in einer Praxisklinik oft mit hohen bürokratischen Hürden verbunden. Dabei wäre ein Wettbewerb um zufriedene Patienten beziehungsweise Versicherungsnehmer, so die Schlussfolgerung des Wissenschaftlichen Beirats, eine einfache Möglichkeit, die nötigen Strukturreformen im deutschen Gesundheitswesen ganz von allein in Gang zu setzen. Doch die andauernde Blockade der Praxiskliniken verhindert, dass sich die deutschen Krankenhäuser genau diesem Wettbewerb zum Wohle der Patienten stellen müssen.