Während man in deutschen Krankenhäusern den Kampf gegen den Pflegenotstand aufgegeben zu haben scheint, zeigen kleine und flexible Praxiskliniken, dass sich ein hoher medizinischer Standard und eine menschliche Pflege und Betreuung nicht ausschließen
Die Zahlen sind alarmierend: Mehr als die Hälfte des Pflegepersonals in Krankenhäusern fühlt sich psychisch und physisch sehr stark belastet. Die Folge: Erschöpfung. Zwei Drittel der Pflegekräfte klagt darüber, dass für die anstehenden Tätigkeiten und die Zuwendung für die Patienten nicht genügend Zeit zur Verfügung stehe. Ebenfalls ernüchternd ist die Tatsache, dass nur ein Drittel aller Pflegekräfte den Beruf weiterempfehlen würde. Während die Zahl der Operationen in Krankenhäusern seit 20 Jahren ständig steigt, ist die Zahl der Pflegekräfte im gleichen Zeitraum gleichgeblieben. Die Fallzahl pro Pflegekraft hat sich zwischen 1991 und 2016 von 45 auf 60 erhöht (Statistisches Bundesamt, 2016). Das ist eine Steigerung von mehr als 30 Prozent. Dass sich an diesem Zustand in Zukunft etwas verbessern wird, ist nicht abzusehen. Im Gegenteil: Erst im April hat sich die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) deutlich gegen den Vorstoß der Bundesregierung ausgesprochen, eine Mindestzahl an Pflegekräften auf den Stationen einzuführen.
Dabei erleben zahlreiche Patienten schon heute, dass sich ein hoher medizinischer Standard und eine menschliche Pflege und Betreuung nicht ausschließen. Vorreiter sind kleine flexible Praxiskliniken, die auf ambulante und kurzstationäre Eingriffe spezialisiert sind und ihren Patienten einen Komfort bieten, der fast schon einem Hotelstandard entspricht. „In einer typischen Praxisklinik kümmern sich ein bis zwei Pflegekräfte im Schnitt um sechs bis sieben Patienten. Hinzu kommt, dass es sich dabei um gut ausgebildete Pflegekräfte handelt. Ungelernte Kräfte gibt es hier nicht“, erklärt Dr. med. Thomas Buchmann, Geschäftsführer vom OP-Zentrum Vest. Neben dem hervorragenden Pflegeschlüssel profitieren die Patienten einer Praxisklinik zusätzlich von bequemen Zimmern, sehr guter Verpflegung und modernstem medizinischen OP-Standards. Dabei kommt dieser vermeintliche ”Luxus“ die Krankenkassen nicht teurer zu stehen. „Das alles inklusive einer menschlichen Pflege ist schon ohne Mehraufwand für die Krankenkassen darstellbar. Die Bedingungen, wie sie für Pflegepersonal und Patienten und auch Ärzte in manchen Krankenhäusern herrschen, müssen nicht sein.“
Vielfach werden Praxiskliniken von engagierten Fachärzten gegründet, die ihren Patienten und sich selbst einen OP-Standard bieten wollen, der sich in einem Plankrankenhaus oft nicht derart gestalten, anbieten oder sicherstellen lässt, und der sich aufgrund der schlanken Verwaltungsstruktur dennoch für alle Seiten rechnen kann. Eigentlich ist diese Initiative ganz im Sinne des Gesetzgebers, der schon vor Jahren den Ausbau des ambulanten Gesundheitssektors und eine Förderung der Praxiskliniken beschlossen hat. Da der Spitzenverband der Krankenkassen jedoch bis heute die geforderte finanzielle Rahmenvereinbarung mit den Praxiskliniken nicht umgesetzt hat, ist der Zugang zu den patientenfreundlichen Bedingungen der Praxiskliniken für gesetzlich versicherte Patienten häufig mit hohen bürokratischen Hürden verbunden. Dabei könnten auch sie ganz normal in Praxiskliniken behandelt werden, so wie Privatpatienten, denen die Wahl der Klinik grundsätzlich freisteht. Höchste Zeit, dass sich Patienten und Hausärzte gegenüber den Krankenkassen stark machen und auf ihr Recht auf eine bessere Behandlung drängen.